Wie können wir einem schwer erreichbaren Kind weiterhelfen, das nichts interessant findet und nichts anderes tut und tun will als hin- und herlaufen, hüpfen, herumliegen, Sachen schütteln, schmeißen, schreien oder beißen?

Hier greife ich häufig auf die Waldon Methode zurück, die uns in Theorie und Praxis einen Weg aufzeigt, um solche Kinder zu unterstützen, die in ihrer kognitiven und allgemeinen Entwicklung festgefahren sind, und wenn sonst nichts zu funktionieren scheint.

Die Waldon Methode basiert auf einem System von Ideen und Spielaktivitäten um Kindern mit zu helfen ‘lernen zu lernen’, und zwar durch das Aufbauen ihres ‚allgemeinen Verstehens‘ als der Grundlage von allem weiteren Lernen. Sie basiert auf den Beobachtungen des englischen Kinderneurologen Dr. Geoffrey Waldon, der im fehlenden Verstehen des Kindes die Hauptursache von vielen Lern- und Verhaltensproblemen sah. Denn für alle weiteren kognitiven Fähigkeiten, einschließlich Sprachverständnis und Sprechen lernen, ist Verstehen die notwendige Grundlage: wer Verstehen nicht versteht, versteht auch nicht, wie Lernen geht und wozu es gut sein könnte, kann also nicht lernen und stagniert in seiner kognitiven Entwicklung.

Aber Verstehen zu verstehen ist gar nicht so einfach. Häufig wird unter ‚verstehen‘ automatisch das Verstehen von verbaler Sprache verstanden und viele Erwachsene gehen (bevor sie genauer darüber nachgedacht haben) davon aus, daß jeder Mensch mit der Fähigkeit verbale Sprache zu verstehen geboren wird. Und so reden sie auf das Kind ein, erklären, ermahnen, rufen es beim Namen, reden während sie dem Kind etwas zeigen, … und wundern sich, daß das Kind nicht so reagiert wie erwartet, wenig oder keine Fortschritte macht oder sogar mehr unerwartete Verhaltensweisen zeigt, mit denen schwierig umzugehen ist.

Denn viele gerade der Kinder, die uns so schwer erreichbar erscheinen, verstehen nicht nur (noch) keine verbale Sprache (auch wenn sie einzelne Worte sagen oder darauf reagieren können), sondern fühlen sich häufig von gutgemeinten Erklärungen, verbalen Anweisungen und Fragen überfordert, oft sogar überwältigt, und bestätigt in ihrem Gefühl, unzulänglich zu sein und nichts zu verstehen. Und so hören sie noch weniger hin, sind noch weniger interessiert, widmen sich noch mehr ihren eigenen, meist sensorischen, Lieblingsaktivitäten oder für uns oft schwierigen Verhaltensweisen. Ein Teufelskreis.

Waldon sieht Lernschwierigkeiten als Folge eines mangelnden „allgemeinen Verstehens“ und stellt in Frage, dass die übliche pädagogische Praxis das Lernen der Lernenden hemmt, weil sie den Schwerpunkt auf Anweisungen und die Zustimmung des unterrichtenden Erwachsenen legt. Das erzeugt Ängste und andere schwierige Gefühle, wie z. B. die Angewohnheit, ohne Verständnis und emotionales Engagement die Aufgaben zu erfüllen, um sie mit minimalem Aufwand „hinter sich zu bringen“.

Stattdessen zielen die Aktivitäten und Materialien, die in den Waldon-Stunden verwendet werden, darauf ab, angenehme, selbstmotivierende Aktivitäten zu schaffen, die um ihrer selbst willen und aus Freude am „Tun“ durchgeführt werden, d. h. nicht, um gelobt zu werden oder um die Erwartungen eines pädagogischen Erwachsenen zu erfüllen. Gerade wenn unerwartete Dinge passieren (auch bekannt als sogenannte „Fehler“!), werden neue Erkenntnisse gewonnen und findet wirkliches Lernen statt. Indem wir die Lernenden angemessen anleiten und ihnen flexible Spielmaterialien zur Verfügung stellen, helfen wir ihnen, ihr Grundverständnis zu entwickeln und ihr räumliches Vorstellungsvermögen zu schulen, indem sie die Ähnlichkeiten, Unterschiede, Regelmäßigkeiten und Muster der Welt erforschen und entdecken, d. h. sie lernen, wie man lernt.

Verstehen verstehen

Geoffrey Waldon beschreibt zwei sich ergänzende Arten von Verstehen:

1. Das „allgemeine Verstehen“, das universelle Verständnis der Welt und wie sie und unser Körper  funktionieren, ist in allen Ländern, Klimazonen und Kulturen überall auf dieser Welt ähnlich und ist für alle Menschen grundlegend. Allgemeines Verstehen kann man nicht beibringen, sondern das Kind erwirbt es beim Spielen und Erforschen der Umwelt, d.h. bevor es Regeln oder „richtig und falsch“ gibt, und legt die Grundlage für die Sprachentwicklung und Symbolspiel.

2. Das „kulturelle Verstehen“ kommt später, wird durch die spezifischen äußeren Anforderungen der Familie und ihrer Kultur geformt und ist so unterschiedlich wie alle Sprachen der Welt. Es unterscheidet sich je nach Land oder Region, je nach sozialer Schicht innerhalb der Region und je nach Familienform und -geschichte, einschließlich des Geschlechts des Kindes. Es dient dazu, das Kind darauf vorzubereiten, sich in die Gesellschaft, in der es aufwächst, einzufügen. Es wird dem Kind von den Menschen um es herum beigebracht, die es anleiten und unterstützen, denn um seinen Platz in der Gesellschaft einzunehmen, muss ein Kind die besonderen kulturellen Normen dieser Gesellschaft lernen. Aber ohne eine solide Grundlage im „allgemeinen Verstehen“ kann es sich nicht entwickeln. http://www.waldonassociation.org.uk/

Eines der besonderen Merkmale der Waldon Methode ist daher, dass sie ohne verbale Anweisungen stattfindet. Die sich hieraus ergebende Art der non-verbalen Kommunikation wird von beiden Spielpartnern, nach anfänglicher Irritation, meistens als große Erleichterung erlebt. Denn Verstehen entsteht durch Explorieren und Kinder lernen anfangs nur durch eigene Bewegungen und eigene multi-sensorische Erfahrungen anhand ihrer eigenen Hände und aller Sinne, und nicht durch Erklärungen oder verbale Anweisungen. Ohne dieses fundamentale Verstehen des eigenen Körpers und der Welt der Gegenstände von ‘so geht das’ und ‚so fühlt sich das an‘ können sich sinnvolles Lernen und Sprechen nicht entwickeln.

Mit Dank für manche Textpassagen an Terry Buchan/ Waldon Association

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